Von der Instandsetzung eines Rufs und einer Orgel
Im thüringischen Holzhausen sollen die „Orgel des Monats November“ sowie der Name ihres Erbauers alten Glanz zurück erhalten
Der Orgelbauer Johann-Michael Hesse (1734 – 1810) war der Stammvater einer einst gefragten Orgelbauerfamilie im thüringischen Dachwig. Er selbst schuf zwölf Orgeln – eine davon ist heute in der Dreifaltigkeitskirche in Holzhausen zu finden. Im Jahr 1788 war das, und das wertvolle Instrument, das bis vor einigen Monaten seinen Dienst tat, ist weitgehend original erhalten. Von seinem Schöpfer und dessen Familie allerdings ist heute kaum noch die Rede. Nicht etwa, weil die Qualität der Instrumente von Johann-Michael, seinen Söhnen, Enkeln oder Urenkeln dazu Anlass geboten hätte – die Orgel in Holzhausen hatte trotz ihrer Reparaturbedürftigkeit bis zuletzt einen wunderschönen Klang – sondern weil Julius Hesse, ein Urenkel in der Orgelbauerdynastie, um 1865 in Verruf geriet. Zu Unrecht, sagt Gabi Damm. Die Initiatorin des Vereins zur Förderung der Hesse-Orgel in Holzhausen hat gründlich recherchiert: Mithilfe von zwei Kirchenmusikstudenten hat sie festgestellt, dass besagter Julius Hesse sich – anders als kolportiert - keineswegs mit einem Vorschuss für die Restaurierung einer einst von Johann Sebastian Bach genutzten Orgel in Arnstadt aus dem Staub gemacht hatte.
Die unglückliche Orgelbauerfamilie zu rehabilitieren, ist somit eines der Ziele von Gabi Damm - aber natürlich geht es der durch und durch musikalischen Ruheständlerin und ihren Mitstreitern in erster Linie um die Instandsetzung „ihrer“ Hesse- Orgel aus der ersten Generation in der Dreifaltigkeitskirche. Denn die Grand Dame ist in die Jahre gekommen. 2014 wurde sie in die Werkstatt verbracht: Die Spielanlage muss saniert werden, der Balg neu beledert, die Trakturen repariert. Bei der Restaurierung der Pfeifen machten die Fachleute eine kuriose Entdeckung: Ein paar der Pfeifen in der Hesse-Orgel waren älter als das Instrument selbst; sie stammten aus der Hand des berühmtesten thüringischen Orgelbauers Tobias Heinrich Gottfried Trost (1680 – 1759). Auch hier erhellte ein Blick zurück in die Geschichte: Es stellte sich heraus, dass der Gothaer Orgelbauer Hugo Böhm, 1897 mit dem Umbau der Trost-Orgel in Waltershausen betraut, einige Pfeifen entfernt und offensichtlich im gleichen Jahr bei seiner Reparatur der Hesse-Orgel eingebaut hatte.
Dreifaltigkeitskirche Holzhausen
Dreifaltigkeitskirche Holzhausen
Dreifaltigkeitskirche Holzhausen
Dreifaltigkeitskirche Holzhausen
Dreifaltigkeitskirche Holzhausen
Die so entstandene „Verwandtschaft“ der beiden Instrumente in Holzhausen und Waltershausen möchte der rührige Orgelverein gern mit einer „Pfeifenpatenschaft“ krönen. „Wenn die Gemeinde Waltershausen eine Patenschaft für die Restaurierung einer Pfeife unserer Orgel übernähme, wäre das eine schöne und passende Geste“, meint C-Kantorin Damm. Schon viele Orgelfreunde in der Region haben eine solche Patenschaft übernommen und damit die Finanzierung der Instandsetzung der Hesse-Orgel unterstützt.
Insgesamt sind dafür gut 87.000 Euro erforderlich. Den Eigenanteil, zu dem auch die Förderung der Stifung Orgelklang beiträgt, erzielen Förderverein und Kirchgemeinde natürlich nicht nur mit den Pfeifenpatenschaften. Gelder werden durch private Spenden, ebenso wie durch den Verkauf von CDs mit Einspielungen von der Hesse-Orgel akquiriert, Postkarten mit Motiven der Orgel werden verkauft, Konzertreihen in der Kirche veranstaltet und eine „Kinderorgelführung mit Clown“. Bei diesen interaktiven Führungen, bringen Gabi Damm und Clown Fietze nicht nur Kinder in Holzhausen zum Lachen. Inzwischen gehen sie mit ihrem Programm sogar auf Tour. „Ich möchte Kinder und Jugendliche für die Orgel begeistern – und ich freue mich, wenn dabei auch ein Erlös für die Hesse-Orgel mit abfällt.“
Die Stiftung Orgelklang, die das Instrument als „Orgel des Monats November“ würdigt, fördert die Sanierung ebenfalls; sie unterstützt die Maßnahmen in diesem Jahr mit 5.560 Euro. Bereits restauriert und aus der Werkstatt in die Kirche zurückgekehrt sind die Windladen: Sie lagern in Warteposition auf der Empore, um sich im wahrsten Sinne des Wortes zu akklimatisieren. Wann die Orgel, vollständig instandgesetzt, wieder in der Dreifaltigkeitskirche erklingen wird, ist derzeit aber noch offen. Ein Schaden am Kirchendach verzögert die Abläufe. „Natürlich darf die Orgel nur in eine vollständig intakte Kirche zurückkehren“, sagt Gabi Damm. „Aber ich bin zuversichtlich, dass das bald zu lösen ist.“