„Gemeinde vermisst alte Orgel“
In diesem Jahr wird die Becker-Orgel im niedersächsischen Lanze instandgesetzt
„Die Orgel ist das i-Tüpfelchen“, sagt Axel Fischer und meint dies chronologisch wie wertend: Zunächst nämlich sei die Kirche in Lanze innen und außen restauriert worden, in diesem Jahr nun sei „als krönender Abschluss die Orgel dran“. Fischer ist Kreiskantor im niedersächsischen Lüchow-Dannenberg und er kennt sich aus mit den Orgeln in der Region. Das Instrument im kleinen Dorf Lanze hat es ihm besonders angetan – obwohl er es nicht spielen kann.
Seit gut 20 Jahren ist die von dem bekannten hannoverschen Orgelbauer Folkert Becker im Jahr 1877 geschaffene Orgel mit dem hübschen neugotischen Prospekt „außer Betrieb“. „Offenbar wurde das Instrument in seiner gesamten Lebenszeit niemals fachgerecht repariert oder restauriert“, sagt Fischer. Im Laufe der Zeit musste das Orgel- zum Trauerspiel werden; irgendwann wurde das Instrument nicht mehr eingesetzt. Seitdem behilft sich die Gemeinde in Lanze mit einem elektronischen Instrument. Ein schlechter Ersatz, finden die Gottesdienstbesucher; „Gemeinde vermisst alte Orgel“ ist konsequenterweise in dem Förderantrag notiert, der im vergangenen Jahr bei der Stiftung Orgelklang einging.
Ev.-Luth. Kirchengemeinde Lanze
Ev.-Luth. Kirchengemeinde Lanze
Ev.-Luth. Kirchengemeinde Lanze
Ev.-Luth. Kirchengemeinde Lanze
Die Mitglieder des Orgelklang-Vergabeausschusses votierten positiv: Die Stiftung fördert die Instandsetzung ihrer „Orgel des Monats Mai“ in diesem Jahr mit 2.500 Euro. Ausschlaggebend für diese Unterstützung waren indes weniger die Gefühlslagen der Gemeindeglieder, als äußerst handfeste Gründe: Zum Beispiel die Tatsache, dass das unter Denkmalschutz stehende, nach den klassischen Orgelbauprinzipien der Frühromantik geschaffene Instrument seit 1877 nicht nur nicht restauriert wurde, sondern gänzlich unverändert blieb. Während im Zuge der Orgelbewegung oder anderer musikalischer Moden die allermeisten Orgeln irgendwann einmal umgebaut und in ihrer Klangaussage verändert wurden, blieb das Instrument in Lanze klanglich wie bautechnisch unversehrt. Der Kreiskantor begründet dies mit der besonderen Mentalität der Menschen in der Region: „Das Wendland war früher eben ‚der Osten des Westens‘, man lebte einen Konservatismus, der an Bewährtem festhalten ließ – dies war für die Becker-Orgel mit ihrem beispielhaften klanglichen Fundus ein glücklicher Umstand“.
Zum ersten Mal also werden nun Fachleute dem Instrument zu Leibe rücken; es wird komplett abgebaut und in seine Einzelteile zerlegt. „In der Werkstatt werden dann alle Teile gereinigt, beschädigte Pfeifen restauriert; auch die Windladen, die Herzstücke der Orgel, werden auseinandergenommen und neu verleimt“, sagt Fischer. Insgesamt 66.000 Euro wird die Instandsetzung kosten. Viele Jahre hat man in der kleinen Gemeinde gesammelt, um den notwendigen finanziellen Eigenanteil aufbringen zu können. Axel Fischer erinnert sich, wie er im Rahmen eines Orgelwochenendes neben den üblichen funktionsfähigen Orgeln einmal auch das Instrument in Lanze in das Programm aufgenommen hat, die natürlich „nicht viel mehr als ein Röcheln“ zustande brachte. Die Spenden, die er auf diese Weise gesammelt hat, werden, so hofft der Kreiskantor, dazu beitragen, dass er beim nächsten Orgelwochenende auch beim Spielen der Becker-Orgel in Lanze klanglich wieder aus dem Vollen schöpfen kann.