Die Pause ist vorbei
Über 2.000 Arbeitsstunden für die Walcker-Orgel in Eisendorf
Fast ein Jahr lang musste die Orgel schweigen. Mit einem festlichen Orgelkonzert zu Neujahr konnte das Instrument in der Stadtkirche Eisenberg im pfälzischen Donnersbergkreis offiziell wieder in Dienst gestellt werden. Dafür war einiges an Arbeit nötig.
Wer schon einmal in das Innere einer Orgel blicken konnte, der weiß, wie komplex sie aufgebaut ist und wie filigran die einzelnen Teile sein können. Da sind zum Beispiel unzählige kleine Bälgchen, die den Luftstrom – den Orgelwind – in der Orgel steuern. Die müssen äußerst präzise gearbeitet sein, damit im richtigen Augenblick die Luft in die richtige Pfeife strömen kann. Fast 400 Arbeitsstunden wurden in Eisenberg darauf verwendet, all diese Bälgchen von Hand zu kleben. Insgesamt wurden für die Sanierung 2.003 Arbeitsstunden benötigt, ist im Gemeindebrief der Kirche nachzulesen.
Die Stiftung Orgelklang hatte die Sanierungsmaßnahme der „Orgel des Monats September 2019“ mit 4.000 Euro gefördert, am Ende ist das Ganze zwar etwas teuer als die ursprünglich geplanten 85.000 Euro geworden, aber die Gemeinde konnte die Mehrkosten auffangen. Ursprünglich hatte die Errichtung des Instruments übrigens 12.720 Mark gekostet.
Der verbrauchte Hauptblasebalg der Orgel (c) Kirchengemeinde Eisenberg
Blasebald nach der Sanierung - eine exakte und präzise Luftströmung ist für den Klang unerlässlich. (c) Kirchengemeinde Eisenberg
Viele tausend Holzteile, die mit neuem Leder bespannt als kleiner Blasebalg die einzelnen Pfeifen ansteuern. (c) Kirchengemeinde Eisenberg
Der Unterbau der Orgel wird repariert und gereinigt. (c) Kirchengemeinde Eisenberg
Fingerspitzengefühl und geduldige Kleinarbeit: über 2.000 Bälgchen müssen verbunden und mit den Ventilen optimal ausgerichtet werden. (c) Kirchengemeinde Eisenberg
Meilenstein: größere Pfeifen wurden vor Ort genereinigt, gerichtet und gestimmt. (c) Kirchengemeinde Eisenberg
In großer Geduldsarbeit werden die Pfeifen Reihe für Reihe wieder eingebaut und ausgerichtet. (c) Kirchengemeinde Eisenberg
Zum ersten Mal kommt wieder Luft auf die Pfeifen - ein großer Moment für die Orgelbauer! (c) Kirchengemeinde Eisenberg
Nicht nur die Töne müssen exakt gestimmt sein, sondern Lautstärke und Klangfarbe werden detailliert abgestimmt. (c) Kirchengemeinde Eisenberg
Über 2.106 Pfeifen verfügt die Orgel, die 1900 von der renommierten Firma E.F. Walcker aus Ludwigsburg als Opus 874 geschaffen wurde. Im Zuge der Sanierung wurden alle Pfeifen ausgebaut, gründlich gereinigt, repariert, gestimmt und wieder eingebaut. Die beauftragte Orgelwerkstatt Christian Scheffler GmbH aus Jacobsdorf bei Frankfurt an der Oder hat hier hervorragende Arbeit geleistet – das hat der zuständige Orgelsachverständige schon am Buß- und Bettag des vergangenen Jahres festgestellt.
Bis das Instrument aber wirklich uneingeschränkt zur Verfügung stand, musste die Orgel erst aufwändig intoniert werden. Schließlich müssen nicht nur die Töne selbst stimmen, auch Klangfarbe und Lautstärke müssen im Detail zueinander passen. Das ist schon eine Kunst für sich, bei der es auf viel Erfahrung, ein hervorragendes Gehör und präzise Handarbeit ankommt.
„Ein Instrument hohen Denkmalwerts“ sei die Orgel in Eisenberg, heißt es im Prüfungsbericht zur Abnahme der Arbeiten. Bis auf die pneumatische Traktur, die 1981 durch eine elektrische ersetzt wurde, und den Spieltisch, ist die Orgel fast komplett im Original erhalten. Insofern war es wichtig, den Bestand zu sichern und nur behutsam zu überarbeiten – die Funktionssicherung stand klar im Fokus. Mit großem Erfolg: Die Charakteristik der einzelnen Register ist stärker geworden und das Plenum „überzeugt wieder durch opulente Fülle“. Das Fazit der Prüfung fällt eindeutig aus: „Die Walcker-Orgel kann wieder mit Fug und Recht als bedeutendstes (und größtes) spätromantisches Walcker-Instrument in der Pfalz bezeichnet werden“.