„Komplizierter und umfangreicher als geplant“
Instandsetzung der Orgel in Miesterhorst abgeschlossen
Miesterhorst im Altmarkkreis liegt im wenig besiedelten Niederungsgebiet des Naturparks Drömlings in Sachsen-Anhalt. Ein „bißchen stur“ sollen sie sein, die Altmärker – aber wenn sie sich für etwas entschieden haben, dann blieben sie treu, erzählt Pfarrer Hagen Mewes, der selbst aus der Region stammt. „Dass die Orgel saniert wird, war in der Gemeinde keine Frage“.
Als im Juni 2021 die 300-Jahre-Feier in der Miesterhorster Dorfkirche stattfinden sollte, war natürlich auch die Orgel mit Vor- und Nachspiel fest eingeplant. Wobei sie damals nicht besonders gut zu spielen war. Stark verschmutzt war das Instrument aus der Werkstatt Rühlmann in Zörbig. Pfeifen waren beschädigt. 1908 wurde das Instrument pneumatischen Kegelladen als opus 302 errichtet. An der linken Seite ist der Spieltisch ins Gehäuse integriert, drei Prospektfelder hat die Orgel mit der romantischen Klangfarbe.
Die besondere Herausforderung bei der dringend nötigen Sanierung: komplett begehbar ist das Miesterhorster Instrument nicht. An die hinten stehenden Pfeifen kommt man erst heran, wenn die vorderen abgebaut sind. Und weil sich die Kirchendecke abgesenkt hatte, waren einige Pfeifen und Kanäle eingeklemmt – die Instandsetzungsarbeiten wurden komplizierter und umfangreicher als geplant. Zunächst wurden die Windladen ausgebaut um genügend Baufreiheit für die Deckenreparatur zu haben. Hier war bereits Putz ins Orgelwerk gerieselt.
Zum Glück planen Orgelbauer meist für halbe Ewigkeiten und denken an künftige Generationen – so auch in Miesterhorst. In der Orgel befand sich eine Skizze mit der Beschreibung, wie man von der Winterkirche aus die Paneelendecke öffnen könne. Jetzt ist dieses Dokument einlaminiert und mit einer neuen Abbauanleitung ergänzt.
Eindrücke von der Orgelsanierung in Miesterhorst
Eindrücke von der Orgelsanierung in Miesterhorst
Eindrücke von der Orgelsanierung in Miesterhorst
Eindrücke von der Orgelsanierung in Miesterhorst
Eindrücke von der Orgelsanierung in Miesterhorst
Der größte Eingriff in die historische Orgelsubstanz war der Umbau der Windversorgung. Bislang befand sich der Magazinbalg ungünstig über der Orgel, was hohe Zusatzkosten bedeutet hätte. Jetzt bekommt das Instrument dem Wind direkt aus dem Kirchenraum über das Gebläse in einem bislang als Abstellkammer genutzten Nebenraum.
Klaviaturen, Registerknöpfe und das Pedalklavier wurden umfassend gereinigt und aufgefrischt und funktionieren nun tadellos. Perfektionisten werden bemerken, dass der Tastengang der Manuale fast 2mm größer ist als heute üblich – aber so hat Rühlmann seine Orgeln nun einmal gebaut. Alles es wunderbar leichtgängig und lässt sich hervorragend bespielen. Wer nicht vom Fach ist, wird gar nicht bemerken, dass in den Boden unter der Orgel so genannte Revisionsklappen eingebaut wurden, die ursprünglich nicht da waren. Über sie lässt sich das Instrument einfacher warten wenn beispielsweise eine Membran getauscht oder ein Ventil nachjustiert werden muss.
Verbogene Pfeifen wurden gerichtet, die Prospektpfeifen bekamen neue Füße. Die hatte der Deckendruck nämlich reichlich deformiert. An der Intonation hat sich nichts geändert, die Orgel klingt genau so, wie Rühlmann sie konzipiert hat. Der Orgelsachverständige der Landeskirche hat die wunderbare Zusammenarbeit gelobt und große Anerkennung dafür ausgesprochen, wie souverän alle aufgetretenen Probleme gelöst wurden. Dem schließt sich auch die Stiftung Orgelklang an, die mit 4.000 Euro die Sanierungsarbeiten in Miesterhorst gefördert hat. Als Unterstiftung der Stiftung KiBa hat sich die Stiftung Orgelklang dem deutschlandweiten Erhalt historischer Orgeln verschrieben. 2024 fördert sie die Instandsetzung von 17 Instrumenten mit einem Volumen von über 70.000 Euro.
- „Die Sanierung war keine Frage!“
„Orgel des Monats Juni 2021“ in Miesterhorst