„Die Sanierung war keine Frage!“
„Orgel des Monats Juni 2021“ in Miesterhorst
„Den Altmärkern sagt man ja nach, dass sie ein bisschen stur sind. Aber wenn sie sich öffnen, dann ist eine große Treue da.“ Der das sagt, muss es wissen, denn er stammt selbst aus der Region: Hagen Mewes, seit einem Jahr Pfarrer der Evangelischen Kirchgemeinde Miesterhorst im Altmarkkreis Salzwedel (Sachsen-Anhalt), ist mit dieser seiner ersten Pfarrstelle in die Heimat zurückgekehrt. Der gebürtige Stendaler mag „den Schlag Menschen“ in seiner Gemeinde und er freut sich über besagte Treue der Altmärker, die er derzeit besonders im Blick auf die Orgel in der Kirche Miesterhorst erlebt. „Ich war wirklich überrascht, wie viel Wert auf die Orgel gelegt wird. Bei der kleinen 300-Jahr-Feier, die wir in der Kirche Miesterhorst in diesem Monat begangen haben, sollte es unbedingt ein Vor- und Nachspiel der Orgel geben. Und das, obwohl sie gerade nicht besonders gut zu spielen ist.“
Das so treu wertgeschätzte Instrument entstand im Jahr 1908 in der Zörbiger „Orgelbau-Anstalt Wilhelm Rühlmann“ als Opus 302. Es stammt damit aus der produktivsten Phase des 1842 von Friedrich Wilhelm Rühlmann gegründeten Unternehmens. Tatsächlich schuf der Firmengründer selbst nur bescheidene sechs Orgeln, war aber so beseelt von seinem Handwerk, dass er es auch seinen beiden Söhnen beibrachte. Diese absolvierten ihre Meisterausbildung in der damals bekanntesten Orgelmanufaktur Mitteldeutschlands von Friedrich Ladegast; später führten sie das Familienunternehmen - mit mehr Erfolg als der Vater - weiter.
Dorfkirche Miesterhorst, Rühlmann (1908)
Dorfkirche Miesterhorst, Rühlmann (1908)
Dorfkirche Miesterhorst, Rühlmann (1908)
Dem Rühlmann-Instrument auf der Empore der Kirche in Miesterhorst merkt man inzwischen deutlich an, dass es seit mehr als hundert Jahren im Dienst ist. Schon 2018 kam ein Gutachten zu dem Schluss, dass etwas getan werden muss. Die Orgel ist stark verschmutzt, „und weil die Decke aufliegt und teilweise Putz herunterrieselt, sind einige Pfeifen auch beschädigt“, weiß Pfarrer Hagen Mewes. Ein Problem dabei: Das Instrument ist nicht komplett begehbar. Die Pfeifen in den hinteren Reihen können erst dann begutachtet und saniert werden, wenn die davor befindlichen abgebaut sind. „Möglicherweise ist drinnen noch mehr zu tun als man jetzt sieht“, befürchtet Mewes.
4.000 Euro gibt die Stiftung Orgelklang für die anstehenden Arbeiten; rund 42.000 Euro sind für die Instandsetzung des Instruments insgesamt veranschlagt. Trotzdem: „Dass die Orgel saniert wird, war in der Gemeinde keine Frage“, sagt der Theologe. Mewes kann die „sehr sehr große Verbundenheit“ der Miesterhorster mit dem Instrument gut verstehen. Auch er schätzt den raumfüllenden Klang des romantischen Werks und hofft, dass die Sanierung zum Ende des nächsten Jahres beendet sein wird. „Das ist zwar nicht mehr rechtzeitig zur großen Feier des Kirchenjubiläums, aber dann eben eine weitere Gelegenheit, zu feiern“.