Ungarischer Honig für süße Klänge
„Orgel des Monats Dezember 2018“ in Voigdehagen
Mit Honig fängt man… Spenden. Jedenfalls manchmal. In Voigdehagen, einem Stadtteil von Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern, funktioniert das gut: Die Gemeinde bezieht besonderen Honig von einer Partnergemeinde in Ungarn und gibt die goldgelbe Süße gläserweise und mit großem Erfolg als „Orgelhonig“ weiter. Mit dem Einkauf wird ein ungarisches Schulprojekt unterstützt; der Erlös in Deutschland kommt der Sanierung der Buchholz-Orgel in der Kirche St. Maria zugute. Ein Win-Win-Projekt.
Im Jahr 1846, auf dem Höhepunkt seines Schaffens, fertigte der Berliner Orgelbauer Carl August Buchholz das zweimanualige Instrument in Voigdehagen. Dem Gehäuse gab er die Gestalt einer exakten, verkleinerten Kopie seiner (nicht erhaltenen) dreimanualigen Orgel für die Berliner Nikolaikirche, eine Einmaligkeit unter den 140 Instrumenten, die Buchholz erbaute. Inzwischen gehört die 172jährige „Dame“ zu den am vollständigsten erhaltenen zweimanualigen Instrumenten aus der Buchholz‘schen Werkstatt und ist daher von überdurchschnittlich hohem Denkmalwert.
Troch-Orgel in der Dorfkirche Mehmke
Troch-Orgel in der Dorfkirche Mehmke
Troch-Orgel in der Dorfkirche Mehmke
Troch-Orgel in der Dorfkirche Mehmke
Troch-Orgel in der Dorfkirche Mehmke
Troch-Orgel in der Dorfkirche Mehmke
Die Würdigung der Historie verbindet sich mit vielfältigen Hoffnungen im Blick auf die Zukunft der Orgel, die seit Monaten nicht mehr spielbar ist, weil eines Tages der Motor auseinanderbrach. Da sind die Hoffnungen der Gottesdienstbesucher, die sich seit dem Schweigen ihrer Orgel mit den Tönen eines elektronischen Ersatzinstruments begnügen müssen. Da ist der missionarische Blick von Winfried Wenzel: Der zuständige Pfarrer weiß, dass in und um Voigdehagen viele neue Häuser entstehen, junge Familien hinzuziehen; „die Gemeinde wird Zulauf erhalten“ - auch dafür lohnt sich die Investition in schönen Orgelklang. Und nicht zuletzt sind da die Mitglieder des „Baltischen Orgel Centrums“ Stralsund, aus deren Reihen der Anstoß zur Restaurierung kam. Sie hoffen, das Buchholz-Instrument als zusätzlichen Glanzpunkt bei den alljährlichen „Friedrich-Stellwagen-Orgeltagen“ erklingen lassen, und außerdem für Proben und Konzerte ihrer Meisterkurse einsetzen zu können.
Groß wie die Hoffnung wird auch die Geduld aller Orgelfreunde sein müssen. Erst vor wenigen Wochen ist das Instrument in die Werkstatt gebracht worden; etwa zwei Jahre, sagt Pfarrer Wenzel, wird es dort bleiben. Denn die Zahl der Zuwendungen, die notwendig sind, um die Orgel für einen schönen Klang zu ertüchtigen, ist hoch. Windladen und Trakturen müssen restauriert werden, ebenso der innere Pfeifenbestand, die Klaviatur und das Gehäuse. Viele Pfeifen des Prospekts sind dringend zu sanieren oder zu ersetzen. Mehr als 90.000 Euro wird die Regeneration der Buchholz-Orgel kosten. Die Stiftung Orgelklang unterstützt das Projekt zur Instandsetzung ihrer „Orgel des Monats Dezember 2018“ mit 5.000 Euro.
Die lange Abwesenheit der Buchholz-Orgel hat allerdings auch Vorteile, berichtet Winfried Wenzel: „Wir werden die Zeit gut nutzen können, um die Empore und die Wände um die Orgel herum zu sanieren. So ist jedenfalls sichergestellt, dass sie keinen Schaden durch diese Maßnahmen nimmt“. Auch das eine oder andere Bläserkonzert wird in St. Maria stattfinden. Und nicht zuletzt gibt es ja noch den „Orgelhonig“, mit dem sich die Voigdehagener das Warten auf musikalische durch kulinarische Genüsse versüßen können.