Instandsetzung eines musikalischen Kleinodes
„Orgel des Monats September 2022“ in Westhofen
Manchmal lohnt es sich wohl doch, auf das Glück zu setzen. Johann Michael Stumm (1683 -1747) jedenfalls hatte seine Karriere maßgeblich der Lotterie zu verdanken. Der Goldschmied, wohnhaft im rheinhessischen Sulzbach, gewann: eine kleine Hausorgel. Als diese reparaturbedürftig wurde, versuchte er sich selbst an ihrer Wiederherstellung – offenbar mit Vergnügen und Erfolg. Denn danach begann er seine Laufbahn als Orgelbauer und begründete so eine der berühmtesten Orgelbauerdynastien in Deutschland. 1717 schuf Stumm sein erstes Werk; seine Nachkommen bauten in sieben Generationen rund 370 Orgeln, von denen vermutlich 140 größtenteils erhalten sind.
Johann Michael Stumm verschmolz französische, süddeutsch-österreichische und mitteldeutsche Einflüsse zu seinem eigenen Baustil. Die Auswahl bester Materialien und die Verwendung von hochwertigem Eichenholz, das über 15 Jahre hinweg gelagert haben musste, begründeten die hohe Qualität seiner Werke. Drei seiner Söhne übernahmen das väterliche Handwerk und mehrten den Ruhm des Namens Stumm in der Region.
Dorfkirche Westhofen
Dorfkirche Westhofen
Dorfkirche Westhofen
Dorfkirche Westhofen
Einer von ihnen, Johann Nikolaus, heiratete im rund 35 Kilometer von Sulzbach entfernten Örtchen Kastellaun, wo er eine eigene Werkstatt gründete. Eines seiner ersten Werke war 1748 die prächtige Brüstungsorgel in der Evangelischen Kirche in Westhofen. Das nunmehr 274 Jahre alte Instrument gilt als klangliches und kulturelles Kleinod in Rheinhessen. Die Stiftung Orgelklang würdigt es als „Orgel des Monats September 2022“. Der von feinem Schnitzwerk umgebene barocke Prospekt ist ein „Hingucker“ und prägt den Innenraum der frisch renovierten Kirche; die Westhofener schätzen aber insbesondere den warmen Klang der Orgel.
Restaurierung der Stumm-Orgel in der Dorfkirche Westhofen
Restaurierung der Stumm-Orgel in der Dorfkirche Westhofen
Restaurierung der Stumm-Orgel in der Dorfkirche Westhofen
Restaurierung der Stumm-Orgel in der Dorfkirche Westhofen
Restaurierung der Stumm-Orgel in der Dorfkirche Westhofen
Musik wird groß geschrieben in der Gemeinde: Es gibt einen Posaunenchor, eine eigene Organistin und das Bemühen um viele Gast-Spielerinnen und -Spieler. Regelmäßige Konzerte sind – in nicht von Corona getrübten Zeiten – selbstverständlich. Im vergangenen Herbst öffneten die Westhofener ihre Kirche auch für die Chöre in der Umgebung. Um weiterhin mithalten zu können, muss die Stumm-Orgel, inzwischen eine „alte Lady“, entsprechend restauriert werden. Vielfach ist sie im Laufe der Jahre umgebaut und verändert worden, nicht immer geschah dies zu ihrem Besten. Die möglichst originalgetreue Wiederherstellung der „Königin der Instrumente“ begann im Januar, notwendig sind eine umfassende Reinigung, die Restaurierung der Pfeifen und die Restaurierung von Spieltisch, Mechanik, Windladen und einiger Register. Die umfangreichen Arbeiten werden mehr als 220.000 Euro kosten; die Stiftung Orgelklang hilft mit 5.000 Euro.
Die Gemeinde selbst hat einige Spenden erhalten, zum Beispiel bei Jubiläumsgeburtstagen und durch Benefizkonzerte; „manchmal gab es eine Extra-Zugabe, bei der absichtlich die Manuale verwendet wurden, bei denen die schrägen Töne besonders gut zu hören waren“, berichtet Martin Bach. Der Architekt ist Mitglied im Kirchenvorstand und Vorsitzender des Bauausschusses und gehört zu denjenigen, die schon lange für die Sanierung der Orgel geworben haben: „Ich stamme aus einem Musikerhaushalt und habe ein geschultes Ohr“, sagt er lächelnd. Das wird bald wieder auf seine Kosten kommen: Mit dem Neujahrskonzert Mitte Januar soll in Westhofen auch die Wiedereinweihung der Stumm-Orgel in der Kirche gefeiert werden. „Das ist dann die abschließende Krönung der Kirchen-Renovierung.“