Ein thüringischer „Orgelschatz“ wird restauriert
„Orgel des Monats Januar 2021“ der Stiftung Orgelklang
Es ertönt das „Allabreve C-Dur“ von Christoph Heinrich Hartmann. Danach sagt der Organist unumwunden: „Wir hören deutlich, dass die Orgel in keinem guten Zustand ist“. Diese Feststellung trifft Thorsten Pirkl nicht vor Publikum, sondern in einem Video auf Youtube. Dort ist das Instrument der St.-Laurentius-Kirche in Oechsen in der Rhön portraitiert – immerhin trotz seiner Mängel als Nummer 287 in der Reihe „Orgelschätze in Thüringen“.
Wer zuhört, bekommt nicht nur ein Bild vom Klang des Instruments, das die Stiftung Orgelklang als „Orgel des Monats Januar 2021 würdigt: Zuhörerinnen und Zuhörer erfahren, dass die Kirche St. Laurentius im Jahr 1801 neu erbaut wurde – „aus einem heute kurios wirkenden Grund“: In der Vorgängerkirche sei nicht genügend Raum gewesen, dass sich alle, die wollten, einen Sitzplatz hätten kaufen können.
Orgel und Altar bilden Pirkl zufolge eine optische Einheit; sie seien beim Neubau wohl gemeinsam zumindest in Teilen aus der Vorgängerkirche übernommen worden, mutmaßt er. Zugeschrieben wird die Orgel Matthäus Nordheim, einem umtriebigen Mann aus dem Oechsner Nachbarort Gehaus, der um die Jahrtausendwende dort zeitweise auch das Amt des Kirchenvorstehers und sogar das des Bürgermeisters innehatte. Offenbar war er auch des Orgelbaus kundig, denn das Instrument in der Kirche in Gehaus geht auf ihn zurück. Aber hat er tatsächlich auch die Orgel in Oechsen in Gänze geschaffen? Nein, meint Thorsten Pirkl, und er führt eine hübsche Beobachtung ins Feld: Zieht der Organist das Register mit der Aufschrift „Engel“, dann heben brav zwei bewegliche, am Prospekt befindliche Flügelfiguren ihre Trompeten. Diesen Effekt gebe es selten in Mitteldeutschland, sagt Pirkl, und seines Wissens nach nur noch bei einer anderen Orgel in der Röhn, in der Evangelischen Kirche zu Dermbach nämlich. Diese wiederum stamme von Johann Casper Beck (1703 - 1774). Pirkls These: Auch das Instrument in Oechsen wurde von Beck erbaut; Matthäus Nordheim habe dieses dann beim Abriss der alten Oechsner Kirche abbauen, in der neuen St. Laurentius wieder aufbauen lassen „und dabei klanglich etwas umgestaltet“.
St. Laurentius Oechsen, Nordheim-Orgel (1804)
St. Laurentius Oechsen, Nordheim-Orgel (1804)
St. Laurentius Oechsen, Nordheim-Orgel (1804)
St. Laurentius Oechsen, Nordheim-Orgel (1804)
St. Laurentius Oechsen, Nordheim-Orgel (1804)
Ob die These des Organisten richtig ist oder nicht: Fest steht, dass es nach einem weiteren klanglichen Umbau in den 1950er Jahren nun an der Zeit ist für eine neue Restaurierung - das findet nicht nur Thorsten Pirkl. Seit Ende des vergangenen Jahres sind die Maßnahmen rund um das reich verzierte Instrument in Gang. Der in diesem Jahr beginnende zweite Bauabschnitt umfasst die Reinigung der Orgel, die Restaurierung von Spielanlage und Trakturen, eine neue Belederung der Windanlage, den Einbau eines neuen Elektrogebläses und die komplette Erneuerung der Prospektpfeifen. Gut 50.000 Euro sind dafür veranschlagt; rechnet man die Kosten für die vorausgegangenen Arbeiten hinzu, hat die Gemeinde insgesamt mehr als 112.000 Euro zu zahlen. Die Stiftung Orgelklang fördert das Projekt in diesem Jahr mit 3.000 Euro.
Das Interesse an der Orgel in St. Laurentius ist groß - auch bei den nicht kirchlich gebundenen Oechsnern. Spenden werden mit Aktionen wie dem „Lebendigen Adventskalender“ und durch Spendenbriefe erworben oder mithilfe von Kooperationen mit örtlichen Vereinen wie dem Kirmesverein. Geht alles nach Plan, könnte noch in diesem Jahr ein neues Youtube-Video entstehen, in dem das restaurierte Instrument gespielt wird und es anschließend heißt: „Wir hören deutlich, dass die Orgel so schön klingt wie selten zuvor“.