Alte Klangfülle für alle Generationen
„Orgel des Monats Februar 2025“ in Zeitz
Sie heißen „die Gewichtige“, „die Unentbehrliche“ oder „die Liebliche“, und sie sind käuflich, jedenfalls beinahe: die Pfeifen der Rühlmann-Orgel in Zeitz (Sachsen-Anhalt). Wer 25 Euro gibt oder mehr – die „Gewichtige“ ist stolze 500 Euro wert – kann eine Patenschaft für eine der mehr als 3000 Pfeifen übernehmen und seinen Namen auf eine Tafel in der St.-Michaels-Kirche verewigen lassen. Keine gänzlich neue Initiative, sagt Michael Meinhardt, der Vorsitzende des Fördervereins für die Rühlmann-Orgel, aber eine wirksame: „Die Patenschaften laufen gut!“. Hintergrund für die Aktion, für die die Gemeinde mit viel Liebe zum Detail auch im Internet wirbt, ist die unüberhörbare Tatsache, dass das Instrument in St. Michael einer General-Instandsetzung bedarf. „Unsere Kantorin ist zwar sehr gut und schafft es immer wieder, dass wir Laien die Schwachstellen in den Melodien kaum mitbekommen. Aber für die Experten ist klar, dass das Instrument sehr eingeschränkt ist in seinen Möglichkeiten. Das müssen wir ändern!“
Im Jahr 1911 verließ die Orgel die Werkstatt von Wilhelm Rühlmann als opus 338. Der Zörbiger Orgelbauer fügte sein Werk in den in der Michaelskirche noch vorhandenen schlichten weißen Prospekt des Vorgängerinstruments ein und erweiterte diesen um zwei Seitenflügel. Die hervorragende spätromantische Klangfülle des Instruments kam in den 1950er Jahren „unter die Räder“ der Orgelbewegung und musste Veränderungen der Disposition im neobarocken Stil erdulden. Die Rückführung an den originalen Klang ist das hauptsächliche Ziel der geplanten Sanierung. Damit verbunden ist der Wunsch nach einer Erweiterung der Spielmöglichkeiten.

St. Michaelis Zeitz

St. Michaelis Zeitz

St. Michaelis Zeitz

St. Michaelis Zeitz

St. Michaelis Zeitz

St. Michaelis Zeitz

St. Michaelis Zeitz

St. Michaelis Zeitz
Schritt eins in diese Richtung ist schon geschafft: „Die Lunge der Orgel funktioniert wieder“, berichtet Michael Meinhardt zufrieden. Gewissermaßen ambulant war der Eingriff der Fachleute, die im vergangenen Herbst Balg und Windladen am Instrument in der Kirche ertüchtigten. „Das funktioniert jetzt für die nächsten 100 Jahre!“
Die weiteren Maßnahmen, gibt der Vereinsvorsitzende zu, sind nicht ganz so einfach umzusetzen. Kaum ein Teil der Orgel, der nicht zu restaurieren wäre: Das Pfeifenwerk muss instandgesetzt werden, ebenso wie der Spieltisch und die Registertraktur. Originale Pfeifen sollen an ihre ursprüngliche Wirkungsstelle zurückkehren. Nicht zuletzt braucht es eine umfassende Reinigung des Instruments, das arg unter Holzwürmern leidet.

Einführungsgottesdienst für Pastorin Claudia Romisch und Pfarrer Dr. David Wagner (c) Ilka Issermann

Konzert der Jugendkantorei (c) Reiner Eckel

Orgelführung für Kinder (c) Romy Säring
Noch fehlen wichtige Zusagen für alle diese Arbeiten, zum Beispiel vom Bund. „Wir hoffen sehr, dass wir im Herbst, spätestens aber im kommenden Jahr weitermachen können.“ Rund 773.000 Euro werden gebraucht; die Stiftung Orgelklang fördert ihre „Orgel des Monats Februar 2025“ in diesem Jahr mit 3.000 Euro.
Das große Interesse der Gemeindemitglieder an ihrer Orgel zeigt sich nicht nur in den Patenschaften und anderen Spenden („die Eigenmittel für die Sanierung des Instruments bekommen wir auf jeden Fall zusammen“). Michael Meinhardt ist dafür ein gutes Beispiel. Überzeugt, dass „Musik viel mehr ausdrücken kann als alle Worte“ setzt sich der 66-Jährige für die Wiedergewinnung der alten Klangfülle des Rühlmann-Werks ein, und dafür, dass die Orgel häufiger nicht nur Gottesdienste verschönern, sondern auch für Konzerte erklingen soll. Davon, hofft er, werden auch die kommenden Generationen profitieren. Meinhardt gerät ins Schwärmen, wenn er berichtet, wie KiTa- oder Grundschulkinder die Orgel mit „glänzenden Augen“ besichtigen. „Im Grunde“, sagt er, „mache ich das für meine Enkel“.