Ein Denkmal aus der Bäckerei
„Orgel des Monats Juni 2019 in Frankenfelde
„Unsere Orgel fällt wirklich aus dem Rahmen. Kenner bekommen hier glänzende Augen“, sagt Stephanie Hennings, Pfarrerin im brandenburgischen Frankenfelde. Ein Grund für die Begeisterung: die Vielstimmigkeit und der besonders tiefe, sonore Bass des Instruments auf der Westempore der Kirche zu Frankenfelde. „Dorforgeln haben meist acht bis zehn Register, unsere hat 15“. Noch dazu stammt das Instrument aus der Werkstatt eines Bäckermeisters: Als vor rund 200 Jahren drei Abgesandte aus Frankenfelde nach Treuenbrietzen kamen, um den Orgelbauer Turley aufzusuchen, wurden sie in die Bäckerei des Dorfes geschickt. Hier betrieben Johann Friedrich Turley (1804 – 1855) und sein Vater ihre Werkstatt; der Vater, ein gelernter Bäcker, hatte sich das Orgelhandwerk offenbar selbst beigebracht und die Bäckerei 1814 geschlossen.
Das Instrument in Frankenfelde, 1824 erbaut und ein Jahr später in der Kirche eingeweiht, war das Erstlingswerk des damals gerade 20-jährigen Sohnes Johann Friedrich, der später zum „Königlich-Preußischen Orgelbaumeister“ avancierte. Aufgrund ihrer Einzigartigkeit in der regionalen Orgellandschaft ist die „Orgel des Monats Juni 2019“ denkmalgeschützt.
Trotz seiner Bedeutung und handwerklichen Güte geriet das Instrument fast in Vergessenheit. Lange Jahre wurde es nur notdürftig erhalten, zuletzt war es nicht mehr spielbar. Höchste Zeit für eine umfassende Sanierung. Stephanie Hennings lacht, wenn sie die Mängel der Orgel aufzählen soll. Da gab es viel Arbeit: Pfeifen, Windladen, Keilbeläge, Tontraktur, Spieltisch – alles musste restauriert werden. Auch ein neuer Motor war nötig. „Die Orgel wurde komplett auseinandergenommen, in vielen Holzteilen war der Wurm drin“. Am Ende, so die Pfarrerin, soll das Instrument wieder so klingen wie zu Turleys Zeiten.
Rund 152.000 Euro wird die Rechnung der Berliner Orgelbauwerkstatt Schuke betragen – eine Summe, die die Evangelische Gemeinde Luckenwalde, zu der Frankenfelde gehört, nicht allein tragen kann. Die Stiftung Orgelklang unterstützt das Projekt in diesem Jahr mit 7.000 Euro, und natürlich werden auch Spenden gesammelt: Insbesondere die Mitglieder des ehrenamtlichen „Orgelfreundeskreises“ in Frankenfelde sind aktiv geworden und haben organisiert: Lesungen, Konzerte und Führungen in der Kirche, deren Erlöse der Sanierung zukamen. „Wir konnten zum Beispiel den Hornbläsern der Leipziger Symphoniker lauschen, das Posaunenquartett des Polizeiorchesters Potsdam hat gespielt, auch Sebastian Krumbiegel von den ‚Prinzen‘ war hier“, sagt die Pfarrerin, „für jede Zielgruppe war etwas dabei“. Kuchenverkauf, Kalender mit Motiven der Orgel und Orgelpfeifenpatenschaften ließen die Höhe der Spenden zusätzlich wachsen.
Gerade im kirchlich kaum interessierten Umfeld ist die Orgelsanierung ein Erfolg, meint Stephanie Hennings: „Sie hat das gesamte Dorfleben bewegt und belebt. Die Menschen in der Gemeinde identifizieren sich wieder mehr mit der Frankenfelder Orgel und der Kirche, die noch stärker zu einer kulturellen Mitte geworden ist“. Sehr zufrieden sind die Theologin und alle Orgelfreunde auch darüber, dass die Restaurierung planmäßig läuft. „Wir wollten es zum 195jährigen Jubiläum der Orgel schaffen, und nun wird sie demnächst tatsächlich wieder eingebaut“. Am 30. Oktober sind dann alle Engagierten und Interessierten zum großen Wiedereinweihungs-Konzert eingeladen.