„Alle können mithelfen!“
Wie eine Gemeinde in Altenessen ihre Sauer-Orgel erneuert
„Wir loben Gott und lassen ihn walten, /bauen neue Orgeln und reparieren die alten.“ So lautete der Wahlspruch Wilhelm Sauers (1831 - 1916), der nicht für seine Dichtkunst, wohl aber für seine Qualitäten als Orgelbauer berühmt wurde. Rund 1100 Instrumente im Stil der Romantik und Spätromantik schufen er und seine Mitarbeiter in der Sauerschen Werkstatt in Frankfurt an der Oder, die prominentesten Abkömmlinge davon befinden sich im Berliner Dom und in der Leipziger Thomaskirche.
Nicht ganz so bekannt ist ein 1890 geschaffenes Werk Sauers, das tief im Westen, in Altenessen eine Heimat gefunden hat. Die Stiftung Orgelklang würdigt das unter Denkmalschutz stehende Instrument in der Alten Kirche als „Orgel des Monats März“. Mit seinen inzwischen 125 Jahren ist es das älteste bespielbare Instrument seiner Art im gesamten Stadtgebiet – zumindest theoretisch. Tatsächlich ist die Orgel derzeit stillgelegt: Die seit den 40er Jahren elektropneumatisch betriebene Traktur ist mangelhaft, der von Sauer konzipierte Wohlklang nicht mehr zu vernehmen. Um das Instrument wieder zur romantischen Hochform zurückzuführen, wird die Traktur entsprechend mechanisiert. Die Pfeifen, die zum allergrößten Teil noch von Sauer selbst installiert wurden, werden überarbeitet und vervollständigt: Auch dem Holzwurm muss zu Leibe gerückt werden, der Spieltisch wird erneuert; nicht zuletzt kommt ein neuer Blasebalg zum Einsatz.
Alte Kirche Altenessen
Alte Kirche Altenessen
Alte Kirche Altenessen
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Alte Kirche Altenessen
Ein umfangreicher Maßnahmenkatalog, dessen Umsetzung insgesamt rund 410.000 Euro kosten wird. Die Stiftung Orgelklang übernimmt, nicht zuletzt dank einer Projektspende 10.000 Euro. Damit leistet sie einen wichtigen Beitrag zum Gelingen des Projekts, von dem es heißt: „Alle können mithelfen!“. So jedenfalls lautet die Parole des Kirchbauvereins Alte Kirche Altenessen, der mit einer entsprechenden Broschüre über die Gemeindegrenzen hinaus für Spenden wirbt. Die Idee der rund 70 Förderer: Wenn alle ihr Talent in den Dienst der Sanierung stellen, ist viel gewonnen. Wer also gut backen kann, möge Kuchen verkaufen, wer in Mathematik glänzt, Nachhilfestunden geben, Büroarbeiter einen Tageslohn spenden – alles unter dem Motto: „Ein Tag für die Orgel“. Auch mit Konzerten und Candlelight-Dinners sollen möglichst viele Menschen dafür gewonnen werden, ihre Herzen und Geldbörsen für die Orgel zu öffnen.
Dies alles geschieht nicht nur, damit die Sauer-Orgel endlich wieder klingt wie früher, sie soll auch häufiger als zuvor zu hören sein: Seit 2010, dem Jahr, in dem Essen mit zur Kulturhauptstadt Europas zählte, finden in der Alten Kirche rund 25 Konzerte pro Jahr statt – die meisten innerhalb der „Konzertreihe Orgel plus“. Diese Reihe soll erweitert werden, um den Status als „musikalische Schwerpunktkirche“ zu festigen. Und sicher auch, um Gott weiterhin im Sauerschen Sinne zu loben.