orgel in der Dorfkirche Schellsitz, errichtet von Mathias Vogler, 1820

Schöne Töne in Sicht

„Orgel des Monats März 2016“ in Schellsitz

Auf die Vogler-Orgel in der Schellsitzer Dorfkirche hat Robert Müller sich sehr gefreut. „Es gibt so viele Orgeln hier dieser ländlichen Gegend um Naumburg, die nicht oder nur noch schlecht funktionieren – da war es wunderbar, dass Schellsitz zum Pfarrbereich Goseck dazukam“, sagt der Kantor. Vor gut fünf Jahren fand dieser Zuwachs statt, der dem Kantor das neue Spielfeld eröffnen sollte, und Müller wurde nicht enttäuscht: „Kein anderes Instrument hat in der Kirche so eine Durchschlagskraft, und die Vogler-Orgel klingt überdurchschnittlich“, meint er.

Im Laufe der Jahre hat der Organist, der im Hauptberuf Mathematiker ist, das 1820 von Matthias Vogler geschaffene und von der Stiftung Orgelklang als „Orgel des Monats März“ gewürdigte Instrument bestens kennen gelernt. Zwei Mal im Monat spielt er für gewöhnlich darauf: Immer wenn Gottesdienste in Schellsitz gefeiert werden, holt Pfarrer Schilling-Schön ihn mit dem Auto ab. Jeden Einsatz vermerkt Müller in dem kleinen Büchlein, das er im Spielschrank hinterlegt hat, und in das sich auch alle anderen eintragen, die zwischendurch oder vertretungsweise die Register ziehen.

Dorfkirche Schellsitz

Dorfkirche Schellsitz

Dorfkirche Schellsitz

Dorfkirche Schellsitz

Dorfkirche Schellsitz

Dorfkirche Schellsitz

Dorfkirche Schellsitz

Dorfkirche Schellsitz

Dorfkirche Schellsitz

Dorfkirche Schellsitz

Dorfkirche Schellsitz

Dorfkirche Schellsitz

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In diesem „Orgelbuch“ waren zuletzt fast ausschließlich Unzulänglichkeiten und Misstöne des Instruments festgehalten. Gewundert hat das niemanden: Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist die Vogler-Orgel nicht überholt worden; sie ist verunreinigt, es fehlen Pfeifen, der Zimbelstern ist blockiert, und wo er konnte, hat der Holzwurm ganze Arbeit geleistet.

Dieser Zustand sollte nach dem Willen der Gemeinde kein Dauerzustand werden. Nachdem sie die Instandsetzung ihrer Kirche – nach eigenem Bekunden „eine der schönsten und bedeutendsten Dorfkirchen der Gegend“ – mitsamt ihrem romanischen Chorturm zu Ende gebracht hatte, kam die Orgel an die Reihe – selbstverständlich. Dass alles, was rund um die Kirche geschieht, in Schellsitz eine große Rolle spielt, ist schon etwas Besonderes, meint Robert Müller, der selbst etwa zehn Kilometer entfernt wohnt. Die Gemeinde sei vorbildlich engagiert, „ hier wird das Evangelium ernst genommen und gelebt“. Der Kantor hat dies nicht nur in den Gottesdiensten gespürt; er kann auch von handfester Unterstützung berichten, die ihm bei einer Krankheit zuteil wurde.

Genau 188 Menschen leben in Schellsitz, das zu drei Seiten von der Saale umgebenen ist, ganze 33 davon gehören nicht der Gemeinde an. Fast alle Kinder werden getauft und konfirmiert, jeden Monat ist eine der Familien zuständig für den „Kirchendienst“, sprich: für das Läuten der Glocken, das Aufschließen des Gebäudes, die Pflege des Friedhofs. „Über diesen Kirchendienst ‚nach Plan‘ hinaus gibt es sehr viele freiwillige Helfer ‚im Stillen‘, die die Kirche in Ordnung halten und beleben: die den Rasen mähen, sauber machen, Baumschmuck und Kränze anfertigen und Kuchen backen für die musikalischen Höhepunkte“, sagt Müller.

Entsprechend groß ist auch das Engagement für die Orgel, „alle sind bereit, Spenden aufzubringen“. Und natürlich gibt es Benefizkonzerte, die zu weiteren Einkünften für das imposante Instrument mit dem schneeweißen Gehäuse führen. Insgesamt werden die Maßnahmen rund 68.000 Euro kosten. Die Stiftung Orgelklang stellt 4.000 Euro zur Verfügung.

Lange wird es nicht mehr dauern, bis der Kantor sich an den an den aufgearbeiteten Spieltisch setzen, und die Vogler-Orgel zu neuen Klängen bewegen wird: Stück für Stück kehrt derzeit das in die Werkstatt ausgelagerte Werk des Instruments in das Gehäuse auf der Empore zurück, Robert Müller hat schon einzelne, noch in Folie verpackte neue Prospektpfeifen erspäht. Für den 22. April ist die festliche Orgelweihe geplant, dann endlich wird er sein Debüt an dem “neuen“ Instrument geben. Was er im Anschluss in das „Orgelbuch“ schreiben wird? Der Kantor schmunzelt: „Vielleicht: ‚Jetzt habe ich keine Ausrede mehr, wenn etwas falsch klingt!‘“