Der Mörder war wieder der Pfarrer?
Zur Finanzierung der „Orgel des Monats Dezember 2016“ entstand in Wiesbaden ein Krimi
Mord und Totschlag in Wiesbaden. In einem der sechs Türme der Ringkirche ist eine Leiche entdeckt worden, die Polizei und Kantor Johann Krebs ermitteln, letzterer ein wenig auf eigene Faust. Der Pfarrer verhält sich merkwürdig; hat er etwas mit der Toten zu tun? Eine spannende Kriminalgeschichte rund um die Wiesbadener Ringkirche – natürlich „rein fiktiv“, betont der Autor des Buches „Die Tote im Kirchturm“, Hans Kielblock. Außergewöhnlich ist nicht nur der Ort des Geschehens und auch nicht, dass der junge Protagonist Kantor an der Ringkirche ist, genau wie Kielblock im „echten Leben“ selbst. Bemerkenswert ist außerdem, dass der Hobbyliterat sein Talent voll und ganz in den Dienst seines Hauptberufs stellt. Vor zehn Jahren hat Hans Kielblock sein Amt in Wiesbaden angetreten; dem damals 26-Jährigen wuchs die 86 Jahre ältere „Königin“ in der Ringkirche schnell ans Herz. Sein „Ringkirchenkrimi“ ist für ihn daher in erster Linie ein Fundraisingprojekt, dessen Erlöse dem historischen Instrument zugute kommen.
Um den Klang dieses Instruments allerdings war es zuletzt nicht gut bestellt. Die 1894 in der Werkstatt E.F. Walcker & Cie. in Ludwigsburg erbaute Orgel gehörte als Teil des spätromantischen Gesamtkonzepts zur Erstausstattung der großen Ringkirche. Immer wieder wurde indes Hand angelegt an die Disposition, Pfeifen wurde abgesägt oder ausgetauscht, sodass sich die Orgel im Lauf der Jahrzehnte zunehmend von ihrem ursprünglichen Klang entfernte. Ein „ambivalentes Sammelsurium aus Spätromantik und Neobarock“ nennt Hans Kielblock das Ergebnis dieser Entwicklung, und auch technisch war das Instrument „am Ende“.
Schon von seinem Vorgänger im Amt war daher ein Sanierungsplan angestoßen worden, den Hans Kielblock, seit er in der Ringkirche tätig ist, begleitet und befördert hat. In diesem Jahr endlich war es soweit: Das von der Stiftung Orgelklang als „Orgel des Monats Dezember 2016“ gewürdigte Instrument wurde umfassend gereinigt, wo nötig restauriert und zu seinem ursprünglichen Klang zurückgeführt. Die Stiftung stellte 4.000 Euro für diese Maßnahmen zur Verfügung, insgesamt waren rund 300.000 Euro aufzuwenden. Neben Kielblocks „Ringkirchenkrimi“ verkauft die Gemeinde eine eigene „Orgel-CD“, außerdem verhalfen Benefizkonzerte, Flohmärkte und andere Aktionen zu weiteren Spenden.
Im September dieses Jahres konnte die Walcker-Orgel feierlich wieder eingeweiht werden; zunächst natürlich in einem festlichen Gottesdienst. Danach stellte man das Instrument mit einem „Orgelmarathon“ auf die Probe: Sechs Organisten zogen fünf Stunden lang alle Register. Hans Kielblock machte den Anfang. Er ist zufrieden: „Jetzt sind endlich wieder die wunderbaren Klangfarben des Originals zu entdecken“. Endlich, sagt er, könne das für die Größe des Raumes erstaunlich kompakte Instrument mit seinem Klang den Kirchenraum wieder ausfüllen.
Der „Orgelmarathon“ war übrigens eine der vorerst letzten Amtshandlungen des Kantors. Acht Tage zuvor wurde sein Sohn Elias geboren, nun kümmert sich Hans Kielblock ein paar Monaten lang um seinen Nachwuchs statt um die Orgel. Ob er in dieser Zeit an einem weiteren „Ringkirchenkrimi“ arbeitet, verrät er nicht. Zupass käme ein solcher schon: Der Spieltisch der Walcker-Orgel ist noch nicht erneuert, sagt der Kantor. „Das ist ein Projekt für die nächsten fünf Jahre.“