„Eine Bereicherung für die Orgellandschaft in Meißen“
Die „Orgel des Monats August“ soll wieder so klingen wie vor gut 100 Jahren
„Der Wein erfreut des Menschen Herz“ ist einer der Psalmverse (104,15), die wohl ohne die Notwendigkeit weiterer Auslegung zu allen Zeiten auf große Zustimmung stoßen. Im sächsischen Meißen diente dieser populäre Vers im vergangenen Herbst als Überschrift für eine ungewöhnliche Aktion. „Die Kirchenbänke wurden umgelagert, um einer großen Tafel Platz zu machen“, erinnert sich Ina Heß, die in der Gemeinde St. Afra Meißen für Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Gemeinsam mit der Sächsischen Winzergenossenschaft veranstaltete die Gemeinde eine Weinprobe. Im Fokus der Fundraiserin – und möglicherweise auch manchen Besuchers – befand sich indes nicht in erster Linie der fachkundig angeleitete Genuss von Wein, sondern der einer ganz besonderen „Zukunfts-Musik“: Die Eintrittsgelder kamen der Restaurierung der Orgel in St. Afra zugute.
St. Afra-Kirche Meißen
St. Afra-Kirche Meißen
St. Afra-Kirche Meißen
St. Afra-Kirche Meißen
St. Afra-Kirche Meißen
St. Afra-Kirche Meißen
„Von außen sieht man der Orgel die Schäden gar nicht an“, meint Ina Heß im Blick auf das weitgehend intakte, ornamentverzierte neugotische Gehäuse des 1908 von Hermann Eule geschaffenen Instruments, das die Stiftung Orgelklang als „Orgel des Monats August“ würdigt. Spielbar aber sei die Orgel schon seit etwa vier Jahren nicht gewesen. 1947 hatten größere Umbaumaßnahmen am Instrument stattgefunden, in deren Zuge eine, dem musikalischen Zeitgeist entsprechende, Umdisponierung stattfand, bei der auch Pfeifen der romantischen Register entnommen wurden. „Hinzu kamen die üblichen Nachkriegsprobleme, wie zum Beispiel Materialknappheit“, sagt Ina Heß. Anstelle der immer dringender werdenden Generalsanierung konnten nur kleinere Reparaturarbeiten ausgeführt werden; am Ende verstummte die Orgel vollständig. Das mobile kleine Ersatz-Instrument, das seitdem im Einsatz ist, ist keine wirklich angemessene Stellvertreterin im Gottesdienst, von Konzerten ganz zu schweigen.
270.000 Euro wird die von der Stiftung Orgelklang mit 5.000 Euro geförderte Rundum-Sanierung kosten; die Arbeiten, schätzt Heß, können noch bis Mitte kommenden Jahres dauern. Ein Aufwand, der sich lohnt, meint sie und weiß dabei nicht nur die Gemeinde, sondern auch die Stiftung Orgelklang und weitere Förderer auf ihrer Seite: „Es handelt sich um die einzige spätromantische Orgel der Region, die dann ihr ursprüngliches Klangbild wieder erhält. Damit erfährt die Orgellandschaft in Meißen eine große Bereicherung“. Außerdem sei die Akustik in St. Afra einzigartig: „Nicht selten kommen bekannte Musiker aus Deutschland oder anderen europäischen Ländern, um hier Gastkonzerte zu geben. Auch CD-Aufnahmen finden häufig statt “.
Im Jahr 2010 wurde die umfassende Restaurierung der Kirche, in deren Fürstenschule zum Beispiel Gotthold Ephraim Lessing und Christian Fürchtegott Gellert lernten, abgeschlossen. „Es fehlte nur noch die Orgel“. Dieses Manko wird seit dem Herbst bearbeitet. Im Augenblick hat der Prospekt einige „Zahnlücken“: die entsprechenden Pfeifen befinden sich in der Werkstatt. Instandgesetzt werden auch die Windladen und die Ton- und Registertraktur, nach der Wiederherstellung der Register stehen die Intonation und Stimmung der Eule-Orgel an.
Und obwohl einige Benefiz-Aktionen im vergangenen Jahr des Hochwassers wegen nicht realisiert werden konnten, ist es der Gemeinde durch die Weinprobe und andere Spendeninitiativen gelungen, den finanziellen Eigenanteil zu schultern. Eine erst kürzlich überreichte Großspende schließlich macht es möglich, dass auch diejenigen Pfeifen ergänzt werden, die in der Nachkriegszeit abhanden kamen, und deren Ersatz den ursprünglichen Planungen zufolge erst zu einem späteren Zeitpunkt hätte verwirklicht werden können. So wird die Orgel in ihrer ursprünglichen Disposition mit 43 Registern wieder zu hören sein. Sehr zur Freude der Gemeinde; denn natürlich erfreut auch verlässlich volltönende Orgelmusik des Menschen Herz.