Warten auf den Orgelbauer
„Orgel des Monats Dezember 2024“ in Drakenburg
Gewusst wie: Einen Tag nach dem Tod des Hoforgelbauers Christian Bethmann im Jahr 1833 soll sich der Orgelbauer Ernst Wilhelm Meyer um dessen Job beworben haben – mit Erfolg. Ein Jahr später durfte Meyer die begehrte Bezeichnung tragen. Dass seine Meisterwerkstatt im Königreich Hannover bestens lief, war dann aber wohl doch weniger seinem klangvollen Titel denn seiner Handwerkskunst geschuldet. Mehr als 100 Orgeln produzierte Meyer, später gemeinsam mit seinen beiden Söhnen, bis die Werkstatt 1870, zwei Jahre nach seinem Tod, aufgegeben wurde. So gut war der Ruf der Meyer’schen Instrumente, dass sie in der Blütezeit der Werkstatt auch ins Ausland geliefert wurden. (Eine Orgel soll sogar nach Wyborg, damals Finnland, gegangen sein.)
Ein ganz besonderes Exemplar von „Meyer & Söhne“ befindet sich in der St.-Johannis-der-Täufer-Kirche in Drakenburg (Landkreis Nienburg). Es wurde 1843 gefertigt. Besonders ist es nicht nur seiner Herkunft, sondern auch seiner Pfeifen wegen: Diese stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert und gehören somit zu den ältesten Orgelpfeifen in Niedersachsen überhaupt. Wie das sein kann? Auch hier war Orgelbauer Meyer clever: Er verwendete einen Teil des Pfeifenwerks der Vorgängerorgel. „Schön und wertvoll“ findet Pastor Dietmar Hallwaß das Instrument inklusive seines schlichten, klassizistischen Prospekts mit der charakteristischen Inschrift „Soli deo gloria“. Der Pastor und die Gemeinde schätzen den historischen Klangkörper; damit die Orgel auch kommende Generationen erfreuen kann, soll sie nun renoviert werden.
St.-Johannis-der-Täufer Drakenburg
St.-Johannis-der-Täufer Drakenburg
St.-Johannis-der-Täufer Drakenburg
Was zu tun ist: Schimmel und Bleikorrosion haben dem Instrument an der Nordseite des Chorraums so zugesetzt, dass Pfeifen und Windladen umfassend gereinigt werden müssen. Außerdem ist die Windanlage umzubauen, die historische Balganlage muss restauriert, der Spieltisch im Stile Meyers rekonstruiert werden. Von den insgesamt rund 150.000 Euro, die diese Maßnahmen kosten werden, will die Stiftung Orgelklang 3.000 Euro übernehmen.
Um die finanziellen Eigenlasten zu bewältigen, hat man in Drakenburg mehrfach auf das „Freiwillige Kirchgeld“ gesetzt, einen Beitrag, um den die Gemeinde einmal pro Jahr bittet. „Die Spendenbereitschaft bei diesem Zweck war immer besonders hoch“, sagt Dietmar Hallwaß. Auch großzügige Einzelspenden seien in die Sanierungskasse geflossen. Die Finanzierung steht, die Elektrik ist über-, die Genehmigungen sind eingeholt. Sogar die Raumtemperatur wurde passend reguliert. Ist nun alles gut? Nicht alles: Was fehlt, ist ein Orgelbauer mit Zeit. Als deutlich wurde, dass letzterer nicht schnell verfügbar sein würde, war die Enttäuschung groß. „Wir sind vermutlich erst 2026 an der Reihe“, sagt der Pfarrer, „das ist sehr schade! Aber wir freuen uns, dass es dann auch wirklich losgehen wird und die Orgel erhalten bleibt.“